Von Breslau nach New York und zurück – nach Wrocław

Das Architekturmuseum in Wrocław (Breslau) zeigt Möbel und Entwürfe des großen Architekten Hans Poelzig

Die Möbel wurden der Stadt von der Familie von Professor Fritz Stern aus New York geschenkt.

Als der Direktor des Architekturmuseums in Wrocław (Breslau), Dr. Jerzy Ilokosz, vor 20 Jahren seine Tätigkeit mit einer großen Poelzig-Ausstellung angefangen hatte, hat er nicht vermutet, dass er sich auch mit einer Ausstellung zum Hans Poelzig verabschieden wird. Eigentlich war eine andere Ausstellung vorgeplant, aber besondere Ereignisse riefen die Planänderung hervor.

Im Februar 2020 erhielt das Architekturmuseum von Professorin Hana Červinkova die Information, dass die Familie von Professor Fritz Stern die von Hans Poelzig für die Breslauer Arztfamilie Brieger entworfene Möbel für Museumssammlungen in Europa spenden möchte.

Die neue Ausstellung weckt ein großes Interesse.

Es wurden gleich Bemühungen unternommen, die Möbel für ihren Ursprungsort Breslau (Wrocław) zu gewinnen. Es stellte sich glücklich heraus, dass die Besitzer – die Kinder von Professor Stern, Frederick Stern und Katherine Stern Brennan – sie kostenlos übergeben wollten – es musste nur ein Transport aus New York organisiert werden. Und so ist es gelungen (mit Hilfe der Stadtverwaltung) die Möbel Ende August 2020 nach Wrocław zurückzubringen. Die Geschichte war so ungewöhnlich, dass man sich entschieden hat, sie bereits im Titel der Ausstellung mitführen zu lassen. Die Ausstellung „Von Breslau nach New York und zurück. Hans Poelzig und der Stil des Stoffes“ im Architekturmuseum an der ul. Bernardyńska 5 wurde am 26. Mai eröffnet und wird bis zum 2. Oktober 2022 präsentiert.

Hans Poelzig (1869-1936) war ein genialer Architekt und Architekturtheoretiker, als Pädagoge der an der Breslauer Königlichen Kunst- und Gewerbeschule (ab 1911 Akademie) tätig. In seiner pädagogischen Tätigkeit legte er großen Wert auf die freie Entfaltung der schöpferischen Fähigkeiten seiner Schüler. Er führte die individuelle Ausbildung in Handwerksbetrieben unter der Aufsicht eines ausgewählten Meisters ein. In seinen Kursen ermutigte er seine Studenten, individuelle Innenräume zu entwerfen, die an einen bestimmten Ort angepasst sind. Seine Tätigkeit nannte man später „Bauhaus vor Bauhaus“.

Er beschäftigte sich intensiv mit der Gestaltung von Wohnräumen und dem Entwurf von Möbeln. Ein Set hat er 1911 für seinen Arzt, den Breslauer Medizinprofessor Oskar Brieger entworfen. Seine Tochter, Käthe Brieger, die 1918 einen Doktortitel an der Universität Breslau im Bereich der Mathematik und Physik bekommen hat, heiratete einen anderen berühmten Arzt Rudolf Stern und bekam die Möbel vermacht. Als die Nazis an die Macht kamen, musste die jüdische Familie 1938 mit ihrem kleinen Sohn Fritz Stern, dem späteren amerikanischen Historiker, aus Breslau fliehen. Dank der Konsequenz von Käthe Stern sind die Möbel auch nach New York gegangen. Und Fritz Stern hat sie von seinen Eltern geerbt und richtete damit seine Wohnung in New York ein.

Nach dessen Tod gingen sie in den Besitz seiner Erben über und blieben bis 2020 im Familienbesitz. Und jetzt wurden sie der Stadt Wrocław geschenkt. Die Kinder von Professor Stern, Frederick Stern und Katherine Stern Brennan waren bei der Eröffnung der Ausstellung anwesend und wirklich berührt.

Neben den Möbeln, die für die Familie Brieger entworfen wurden, sind in der Ausstellung auch Elemente der Originaleinrichtung des Hochzeitssaals im Rathaus von Löwenberg (Lwówek Śląski), Archivfotos sowie Innenausstattungsentwürfe und Möbel für das eigene Haus des Architekten (das Haus in der ul. Chopina wurde 1971 abgerissen), architektonische Entwürfe aus der Sammlung des Architekturmuseums in Wrocław, Materialien aus der Sammlung des Architekturmuseums der Technischen Universität Berlin sowie Gemälde und Textilien aus der Sammlung des Nationalmuseums in Wrocław zu sehen. In der Ausstellung wird auch der Film „Golem“ von Paul Wegener und Carl Boese gezeigt, für den Hans Poelzig 1920 das Bühnenbild entwarf. Dank der freundlichen Unterstützung des Regionalverbands von Lwówek Śląski kann man sich auch ein Diorama des Boberhauses anschauen, das man in Zukunft wiederaufbauen möchte.

Text und Fotos: Małgorzata Urlich-Kornacka