Neuerscheinung: Breslau. Die Stadt der Geretteten von Mieczysława Wazacz

Neue Publikation des Kulturreferates für Schlesien feiert Premiere bei den deutsch-polnischen Literaturtagen an der Neiße 2023

Mieczysława Wazacz (Jg. 1942) kommt aus London zu Buchvorstellungen nach Görlitz und Wrocław.

Breslau. Die Stadt der Geretteten von Mieczysława Wazacz ist die Geschichte des Erwachsenwerdens eines polnisch-jüdischen Mädchens Sławka in der Welt der Umsiedler und Holocaust-Überlebenden in den ersten Nachkriegsjahren im polnisch gewordenen Breslau, das noch in Trümmern liegt. Die Beschreibung der mit den Augen des heranwachsenden Kindes gesehenen Realität ist brutal, bewegt und doch zugleich voller Charme, da auch ernste Episoden mit viel Humor erzählt werden. 

Der Horizont der Erzählerin wird beherrscht vom unbewussten Konflikt mit der Mutter, der zweiten Hauptfigur des Buches. Zofia Kaut (vor dem Krieg Salka Wilner, geborene Kaul), ist ein Typus der zeitgenössischen Mutter Courage, die mit ihrer Abwendung vom Judentum und dem Drang zum Besseren auf die schrecklichen Erlebnisse des Krieges reagiert. Mit viel Mut und Geschick und unter dem geänderten Namen gelingt es der Mutter, ihr Leben und das ihrer Töchter Hela und Sławka zu retten. Nach dem Krieg und der Westverschiebung Polens heimatlos geworden, lässt sich Zofia Kaut mit ihren Töchtern in Niederschlesien nieder und führt die im Krieg erprobte Überlebensstrategie fort. Sie wählt bewusst ein Leben abseits der jüdischen Gemeinschaft und tut alles, um in der polnischen Umgebung mit ihrer jüdischen Herkunft nicht aufzufallen.

Die autobiografische Erzählung stützt sich auch auf andere authentische Schicksale der ersten Siedlerwelle in den sog. „wiedergewonnenen Gebieten“ Nachkriegspolens, Schicksale, die in die Vergangenheit zurückreichen und in die Gegenwart fortwirken.

Mieczyslawa Wazacz als kleines Mädchen (rechts) mit ihrer Mutter und Schwester auf dem Breslauer Ring, 1949, Foto: privat.

Das Buch ist in der polnischen Sprache unter dem Titel Wrocław ocalałych 2018 im Verlag Fraza in Rzeszów erschienen. In deutscher Übersetzung von Hans Gregor Njemz erscheint es im April 2023 im Hausverlag des Schlesischen Museums zu Görlitz zu den Literaturtagen an der Neiße (19.-23. April 2023) in Görlitz-Zgorzelec. Es ist im Laden des Schlesischen Museums zu Görlitz (Brüderstraße 8) sowie online zu erwerben.

Visualisierung: Jacek Jankowski, PontonStudio

Zur Autorin

Mieczysława Wazacz wurde am 26. Oktober 1942 in Mytnica bei Lemberg (heute Lwiw, Ukraine) geboren. Nach dem Krieg ließ sich ihre Mutter – wie Tausende Holocaust-Überlebende und Vertriebene aus dem Osten – mit ihren beiden Töchtern in Niederschlesien nieder, zuerst in Legnica (Liegnitz), dann bei und schließlich in Wrocław (Breslau), wo die Autorin ihre Kindheit und frühe Jugend verbrachte. Nach dem Studium an der Filmakademie in Łódź (Lodsch) arbeitete sie für das polnische Fernsehen in Warschau. Unter dem Eindruck der antisemitischen Regierungspropaganda in Polen ab 1968 verließ sie 1971 das Land und ließ sich in London nieder, wo sie bis heute lebt. 

Neben zahlreichen in Großbritannien und Polen veröffentlichten Erzählungen und Kurzgeschichten ist Wazacz auch Autorin von Theaterstücken, die in London, Toronto und Wrocław aufgeführt wurden. Zentral in ihrem Schaffen sind jedoch Dokumentar- und Kunstdokumentarfilme. Im polnischen Fernsehen, auf internationalen Filmfestivals und bei Vorführungen in London präsentiert, erzählen sie über authentische ungewöhnliche Persönlichkeiten und Ereignisse aus der nahen Vergangenheit. Mieczysława Wazaczs jüngster Dokumentarfilm Das Album von Hans 1934-1938 (2019, deutsch 2021) ist auf dem Youtube-Kanal des Schlesischen Museums zu Görlitz zu sehen.

Mieczyslawa Wazacz heute. Foto: privat.

Veranstaltungen

Die Buchpremiere findet im Rahmen der Literaturtage an der Neiße am 22. April 2023 um 16 Uhr im Kulturforum Görlitzer Synagoge. Das Gespräch mit Mieczysława Wazacz moderiert Prof. Dr. habil. Jan Wolski von der Universität Rzeszów, der das polnische Buch herausgegeben hat.

Am 25. April 2023 um 18 Uhr wird das Buch im Breslauer Kulturzentrum OP ENHEIM in der Reihe OP_BOOKS präsentiert. Das Gespräch mit der Autorin moderiert hier Tamara Włodarczyk, Autorin von zahlreichen Publikationen zur Nachkriegsgeschichte der Juden in Niederschlesien, insbesondere in Wrocław. Tamara Włodarczyk hat für das deutsche Buch das Vorwort mit dem Titel „Die Geretteten in Niederschlesien“ geschrieben.

Eckdaten zum Buch

Mieczysława Wazacz: Breslau. Die Stadt der Geretteten
Herausgeber: Kulturreferat für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz
Übersetzung: Hans Gregor Njemz
Redaktion: Agnieszka Bormann
Lektorat: Ines Eifler
Wissenschaftliche Konsultation und Vorwort: Tamara Włodarczyk
Illustrationen: Piotr Dumała
Satz: Jacek Jankowski, Ponton Studio
Druck: Totem.com.pl
ISBN: 978-3-9823231-3-8
140 Seiten, Preis: 8 Euro
Erscheinungsdatum: 3. April 2023
Bestellung per E-Mail an kontakt@schlesisches-museum.de

Text: Agnieszka Bormann, Kulturreferat für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz