Das Schlesische Rom feiert seinen Geburtstag mit vielen Aktionen
Neisse war über Jahrhunderte eine der wichtigsten Städte der Region. Auch heute gehört sie zu den beliebtesten touristischen Zielen im Oppelner Schlesien.
Trotz der zum Teil nicht geheilten Kriegswunden gehört die Stadt Neisse (Nysa) zu den beliebtesten touristischen Zielen im Oppelner Teil Oberschlesiens. An ihr 800. Gründungsjubiläum wird mit Konzerten, Ausstellungen, Sport- und Kulturveranstaltungen erinnert.
Die Feierlichkeiten eröffnete bereits im Mai 2023 das Kreismuseum Neisse (Muzeum Powiatowe w Nysie) mit der Sonderausstellung „Die Welt der Breslauer Bischöfe – der Fürsten von Neisse“ (Świat Biskupów Wrocławskich Książąt Nyskich). In einem breiten historischen Kontext verankert präsentiert sie, teilweise mittels wertvoller Exponate, die über 500 Jahre dauernde Periode, in der die Stadt gleichzeitig ein Zentrum der weltlichen und der geistlichen Macht war.
Von dem mittelalterlichen Neisse, einschließlich der Hintergründe seiner Entstehung, handelt ein Comic, der speziell zu diesem Jubiläum herausgegeben wurde und auf der offiziellen Homepage der Stadt frei zugänglich ist. Das erste Comic-Heft eröffnet eine Serie, die die gesamte Geschichte mit ihrer piastischen, böhmischen, bischöflichen, habsburgischen, preußischen, deutschen und polnischen Periode näherbringen will.
Vor einigen Wochen wurde offiziell mitgeteilt, dass zum 800. Geburtstag der Stadt ein von Ereignissen aus ihrer Vergangenheit inspirierter Spielfilm unter dem Titel „Nysa. Zagubieni w czasie“ (Neisse. Verloren in der Zeit) gedreht wird. Angekündigt sind zudem mehrere Open Air-Veranstaltungen, wobei die größten von ihnen im September stattfinden werden. Außer den Konzerten von landesweit bekannten Bands (Myslovitz, Dżem) ist unter anderem eine Aufführung zur Geschichte der Stadt geplant, bei der Multimedia eingesetzt und an der über 100 Darsteller teilnehmen werden.
Historischer Rückblick
Neisse wurde 1223 am Zusammenfluss von Glatzer Neiße und Biele vom Breslauer Bischof Lorenz gegründet. Wie es im mittelalterlichen Schlesien oft der Fall war, wurde die Stadt „auf grüner Wiese“ und in der Nähe einer älteren Siedlung anlegelegt. Über Jahrhunderte gehörte sie zu den wichtigsten Zentren Schlesiens.
Die Bezeichnung „Schlesisches Rom“ verdankt Neisse nicht nur den vielen Kirchen, die sich dort befinden. Vor allem bezieht sie sich auf den Umstand, dass es als Hauptstadt des gleichnamigen bischöflichen Fürstentums und Residenzstadt der Breslauer Bischöfe auch den Mittelpunkt des religiösen Lebens in der Region bildete. Erst im 19. Jahrhundert verlor Neisse mit der Entstehung einer Reihe von neuen Industriestädten allmählich an Bedeutung.
Den tiefsten Einschnitt in die Stadtgeschichte markiert jedoch das Jahr 1945. Während der Kämpfe um Neisse und nach dessen Eroberung durch die sowjetische Armee wurde fast die gesamte Altstadt in Schutt und Asche gelegt. Damit hörte das Schlesische Rom in seiner historisch gewachsenen Form weitgehend auf zu existieren.
Durch die Neubebauung nach dem Zweiten Weltkrieg veränderte sich das Stadtbild stark. Doch trotz der Kriegswunden ist Neisse mit seinen verschonten bzw. wiederaufgebauten Baudenkmälern auch heute ein wichtiger Punkt auf kultureller und touristischer Karte Schlesiens.
Lange ist die Liste von bekannten Persönlichkeiten, die in Neisse zur Welt kamen oder in dieser Stadt lebten und an die heute in der Stadt in verschiedener Form erinnert wird. Unter ihnen finden sich der Dichter und Schriftsteller der Romantik Joseph von Eichendorff, der Nobelpreisträger Konrad Bloch, der Orient- und Afrikaforscher Emin Pascha, der Tierschützer Bernhard Grzimek sowie der Schriftsteller und Dichter Max Hermann-Neisse.
Text: Dawid Smolorz