Neisser Friedhöfe – Schönheit trotz Zerstörung

Die bekannteste Nekropole der Stadt Neisse (Nysa) ist der Jerusalemer Friedhof, auf dem 1857 Joseph Freiherr von Eichendorff seine letzte Ruhestätte fand

Doch in der Stadt befinden sich mindestens zwei weitere interessante historische Friedhöfe.

Die bekannteste der Neisser Nekropolen ist der Jerusalemer Friedhof, auf dem 1857 der große Dichter der Romantik Joseph Freiherr von Eichendorff seine letzte Ruhestätte fand. Doch in der Stadt befinden sich mindestens zwei weitere interessante historische Friedhöfe: der Rochus-Friedhof und der Garnisonsfriedhof. Ihr Zustand ist allerdings teilweise sehr schlecht.  

Gruftkapelle auf dem Rochus-Friedhof in Neisse (Nysa), Foto. Dawid Smolorz.
Der Rochus-Friedhof

Die Entstehung des im Osten der Stadt gelegenen Rochus-Friedhofs geht auf ein tragisches Ereignis in der Geschichte von Neisse zurück, nämlich auf die Pestepidemie von 1633. Infolge des Krieges, der später als Dreißigjähriger Krieg in die Geschichte eingehen sollte, und der durch ihn verursachten Hungersnot, brach eine Seuche aus, die viele Stadtbewohner das Leben kostete. Die ca. drei Kilometer vom Ring entfernte Nekropole an der Wojska-Polskiego-Straße befindet sich genau an der Stelle, an der ursprünglich ein provisorischer Friedhof für die Pestopfer angelegt wurde.

Denkmal für verstorbene russische Kriegsgefangene auf dem Garnisonsfriedhof in Neisse (Nysa), Foto. Dawid Smolorz.

Die 1637 zu einer kleinen Kirche umgebaute Kapelle ist älter als der Friedhof selbst. Wahrscheinlich wurde sie während einer der früheren Epidemien errichtet, da sie von Anfang an dem heiligen Rochus, dem Schutzpatron der Pestkranken, geweiht war. Nachdem die Seuche vorbei war, wurde die Begräbnisstätte als katholischer Friedhof weitergenutzt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden neben der bestehenden Nekropole ein evangelischer und ein jüdischer Friedhof angelegt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die gesamte Anlage devastiert. An mehreren Stellen, vor allem in der Nähe des Rochus-Kirchleins, findet man dennoch erhaltene oder teilweise erhaltene Grabsteine.

Der Rochus-Friedhof in Neisse (Nysa), Foto. Dawid Smolorz.
Der Garnisonsfriedhof

Im Stadtteil Friedrichstadt (poln. Fryderykowo), buchstäblich im Schatten des Forts II der Festung Neisse, befindet sich an der Krasickiego-Straße der 1835 angelegte Garnisonsfriedhof. Ihre letzten Ruhestätten fanden dort nicht nur Militärs und ihre Familien, sondern auch Polizisten, zivile Angestellte der Festung sowie Kriegsgefangene, unter andrem Franzosen, Dänen und Russen. Als Symbol des preußischen Militarismus eingestuft wurde der Friedhof nach 1945 dem Verfall preisgegeben.

Obelisk auf dem Garnisonsfriedhof in Neisse (Nysa), Foto. Dawid Smolorz

Trotz der Zerstörung überdauerten jedoch bis in unsere Zeit mehrere, zum Teil interessante Grabsteine und Obelisken, unter anderem der mit Eisernem Kreuz geschmückte Granitblock, den im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten der Neisser Garnison gewidmet, und das Denkmal für die während des Ersten Weltkrieges in der Stadt verstorbenen russischen Kriegsgefangenen. Wegen seiner künstlerischen Form und einer tragischen Geschichte, die sich hinter den beiden Todesfällen verbirgt, verdient auch die Grabplatte von Edith Rösler und dem Unterleutnant Johannes Wenzlik eine besondere Aufmerksamkeit. Das Paar soll nämlich 1919 Selbstmord begangen haben, da der im Großen Krieg stark verwundete Wenzlik keine Hoffnung auf Genesung hatte.

Historische Grabplatten an der Mauer der St. Rochus-Kirche in Neisse (Nysa), Foto. Dawid Smolorz.
Hinweis

Vor einigen Jahren gab das Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit in Gleiwitz-Opeln die reich bebilderten zweisprachigen Bände „Verborgene Geschichte auf oberschlesischen Friedhöfen“ und „Verborgene Geschichte auf niederschlesischen Friedhöfen“ heraus. Beide Veröffentlichungen sind unter folgendem Link zu bestellen.

St. Rochus-Kirche auf dem Rochus-Friedhof in Neisse (Nysa), Foto. Dawid Smolorz.

Text & Bilder: Dawid Smolorz