Jauernig/Javorník in Tschechisch-Schlesien

Bischöfliche Residenz am Fuße des Reichensteiner Gebirges

600 Jahre lang war die Geschichte des Städtchens eng mit den Bischöfen von Breslau/Wrocław verbunden.

Kommt man nach Jauernig aus der Richtung Patschkau/Paczków, so gewinnt man den richtigen Eindruck. Das Schloss Johannesberg, in dem die Oberhäupter der schlesischen Kirche gewöhnlich die Sommerzeit verbrachten, überragt nicht nur die Stadt. Vielmehr wirkt die letztere wie eine Ergänzung zu dem auf einem steilen Berg, sozusagen mehrere „Stockwerke“ oberhalb des Jauerniger Rings gelegenen Bauwerk. Die erste Burg wurde dort im frühen 14. Jahrhundert an einem strategisch wichtigen Punkt nahe der Grenze zwischen Schlesien und Böhmen von den Herzögen von Schweidnitz/Świdnica errichtet. Noch im selben Jahrhundert erwarb einer der Breslauer Bischöfe den Ort, der dadurch Teil des Fürstentums Neisse wurde. Fortan diente das mehrmals umgebaute Schloss Johannesberg bis 1945 als bischöfliche Sommerresidenz. Nachdem die schlesische Metropole Mitte des 18. Jahrhunderts preußisch wurde, fungierte es zeitweise sogar als ihr Hauptsitz, da Philipp Gotthard von Schaffgotsch wegen eines Konflikts mit Friedrich II. in das österreichisch gebliebene Jauernig floh und sich dort bis zu seinem Lebensende aufhielt.

Schloss Johannesberg. Foto. Dawid Smolorz.

Infolge der neuen Grenzziehung nach den schlesischen Kriegen (1740–1763) entstand der Jauerniger Zipfel. Die Gegend bildete seitdem einen österreichischen Keil, der von drei Seiten vom preußischen Gebiet umgeben war. Die in Sichtweite gelegenen Städte Patschkau, Ottmachau/Otmuchów und Neisse/Nysa sowie die nächsten Ortschaften der Grafschaft Glatz lagen nun im Ausland. Die damals gezogene Grenze deckt sich heute in diesem Abschnitt mit der Staatsgrenze zwischen der Tschechischen Republik und Polen.

1945 endete in Jauernig in einem gewissen Sinne symbolisch die Geschichte der deutschen Kirche in Schlesien. Am 6. Juli 1945 – zwei Monate nach der Besetzung dieser Gegend durch die sowjetische Armee – starb auf Schloss Johannesberg Kardinal Adolf Bertram – der letzte deutsche Bischof von Breslau. Kurze Zeit später rief der polnische Primas August Hlond im August 1945 unter sehr fraglichen Umständen die neue Apostolische Administratur für Niederschlesien ins Leben, was die Aussiedlung der meisten deutschen Geistlichen aus der Diözese nach sich zog. Bis 1991 ruhten die Gebeine des Kardinals auf einem malerischen Friedhof am nördlichen Rande Jauernigs. Erst nach der politischen Wende konnten seine sterblichen Überreste in der Breslauer Kathedrale ihre letzte Ruhestätte finden.

Grab des 1817 verstorbenen Bischofs Joseph Christian Hohenlohe-Bartenstein, in dem zwischen 1945 und 1991 die sterblichen Überreste des Kardinals Adolf Bertram ruhten. Foto. Dawid Smolorz.

Die idyllisch gelegene einstige Residenz der Bischöfe beherbergt heute ein Museum. Weit über die Grenzen Tschechisch-Schlesiens hinaus ist es für seine Sammlung von Tabakspfeifen bekannt. Mit ca. 2.000 Exponaten gehört sie zu den größten ihrer Art in Mitteleuropa.

Text: Dawid Smolorz