Kunst im Isergebirge

Die Region am Isergebirge zieht immer wieder junge Kunstschaffende an. Einer davon stellt gerade aus

Das kleine Świeradów Zdrój (Bad Flinsberg) entwickelt sich zum kunstfreundlichen Ort von überregionaler Bedeutung.

Wie viele Gebirgsgegenden, zieht auch die Isergebirgsregion seit langem Künstler an. Schließlich hat Carl Hauptmann vor anderthalb Jahrhunderten in Schreiberhau, heute Szklarska Poręba, eine Künstlerkolonie gegründet und programmatisch entwickelt. Und obwohl der Zweite Weltkrieg dieses Projekt zerstörte, ist der künstlerische Genius loci im Isergebirge zu spüren.

Carl und Gerhart Hauptmann Haus Szklarska Poreba, heute Museum, Foto: Robert Kutkowski

Nicht nur Szklarska Poręba baute in den letzten Jahrzehnten sein künstlerisches Image (wieder) auf, sondern auch an anderen Isergebirgsorten siedelten sich viele Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Künste und Talente an. Das Gebiet mit einer signifikanten Dichte der Kunstschaffenden und Kreativen pro Quadratkilometer hat die Chance, sich zu einem künstlerischen Erguss zu entwickeln. Auch wenn der Weg dahin noch lange ist, zeichnen sich bereits jetzt nicht nur einzelne Personen, sondern ganze Kulturformationen ab.

Jeder langjährige Besucher oder Einwohner von Iserbaidschan* kennt das Volkstheater, das Ende des letzten Jahrhunderts in Kopaniec (Seifershau) gegründet wurde, oder das später dort entstandene Tal der Harmonie (Dolina Harmonii), Stacja Stodoła (Station Scheune) mit der „Ausstellung am Zaun”, drei Kunstgalerien, eine Keramikwerkstatt und viele andere Initiativen. Das nahe gelegene Przecznica (Querbach) hat seine Art Pension, während in Kromnów (Kromnau) vor etwas mehr als einem Jahrzehnt mit Galeria Izerska eine hervorragende Galerie gegründet wurde, die ein Kunstprogramm bietet, auf das jede Großstadt stolz sein könnte.

Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen, denn in fast jedem Dorf im Isergebirge lebt eine Künstlerin oder ein Künstler, Musiker oder eine talentierte Person. Dieses Thema lässt sich jedoch mit Wolimierz (Volkersdorf) auf den Punkt bringen. Der hier vor dreißig Jahren ins Leben gerufene Kulturbahnhof gab der gesamten Umgebung einen Impuls und Entwicklungsschub. Das Interplanetarische Königreich der Künste, Sitz des Straßentheaterprojektes Klinika Lalek (Puppenklinik), wurde nicht nur zum Zentrum der gesamten Iser-Galaxie der unabhängigen Kunst an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert, sondern auch zum Inkubator für völlig neue Manifestationen der lokalen Kunst. Seit Jemiołka und Wiktor Wiktorczyk mit ihrem bunten Team den ehemaligen Dorfbahnhof besiedelt haben, sind nicht nur viele interessante Künstler ins Isergebirge gezogen, sondern auch hier geboren und groß geworden.

Das Künstlerehepaar Joel Młynarski & Zofia Młynarska, Foto: Arkadiusz Lipin

Einer der Vertreter der jüngeren Generation ist Joel Młynarski. Geboren und aufgewachsen ist er eben in Wolimierz. Es überrascht nicht, dass er seine Ambitionen an der Kunstschule erfüllte. Nach einer soliden Ausbildung an der Akademie der Bildenden Künste in Danzig kehrte er in sein Familiennest zurück und gründete zusammen mit seiner Frau Zofia das Bildhaueratelier Sztuka Woli (dt. Die Kunst des Willens – Wortspiel mit Woli als Bestandteil des Ortsnamen Wolimierz). Er arbeitet mit unterschiedlichen traditionellen Materialien wie Holz, Stein, Ton, Beton und Stahl, die er oft experimenteller Weise mit anderen kombiniert, zum Beispiel mit Brotteig.

Stacja Kultury Świeradów, Quelle: Facebook

Młynarski stellt gerade seine Werke an einem nahegelegenen, äußerst kunstfreundlichen Ort in Świeradów-Zdrój (Bad Flinsberg). Hier wurde neulich mit Stacja Kultury (Kulturstation bzw. Kulturbahnhof) im stillgelegten Bahnhof eine Kultureinrichtung ins Leben gerufen, ein wichtiger Veranstaltungsort für Konzerte, Aufführungen, Lesungen und sogar einen Markt für lokales Handwerk und Produkte.

Die Kunst von Joel Młynarski ist jedoch nicht hier untergebracht. Seine Ausstellung wurde von einem Hotel organisiert, das sich an das Rathaus von Świeradów-Zdrój anschmiegte. Die Galerie Santa Maria (benannt nach dem Bach, der durch den Garten fließt) im KRASICKI Resort Hotel & SPA ist ein gemütlicher Ort im Vestibül des Hotels, wo Gäste und zufällige Spaziergänger Werke regionaler Künstler sehen können. Die Gastgeber erinnern durch die Auswahl der in der Galerie gezeigten Werke an die Geschichte des Ortes, an die Tatsache, dass hier zwei historische Länder aufeinandertreffen: die Oberlausitz und Schlesien. Das slawisch-germanische, deutsch-tschechisch-polnische Grenzgebiet, ein Treffpunkt der Kulturen, Weltanschauungen und Geschmäcker, trägt die vielfältigsten Früchte.

“Wir haben die Galerie spontan gegründet, als Ergebnis eines zufälligen Gesprächs mit dem Künstler Maciej Wokan und Reaktion auf die Pandemie – geschlossene Galerien, kein Kontakt mit der Kunst. Wir wollten, dass die Gäste des Hotels und die Einwohner von Świeradów-Zdrój die Kunst genießen, an einem freundlichen Ort, inmitten der ausgestellten Werke eine Tasse Kaffee trinken und sie betrachten können”, sagt der Direktor des Hotels KRASICKI Rafał Wróblewski, der gleichzeitig Kurator der Ausstellungen und Opernsänger ist.

Die Skulpturen des bereits erwähnten Maciej Wokan aus Szklarska Poręba (Schreiberhau) begrüßen die Gäste bereits vor dem Hotel. Foto: Arkadiusz Lipin.

Die Eröffnung der Ausstellung lockte am 28. Oktober 2022 zahlreiche Gäste ins KRASICKI-Hotel. Es waren nicht nur Einwohner aus Świeradów und Wolimierz, sondern weiteren Orten in der Region bis nach Jelenia Góra (Hirschberg) und sogar Wrocław (Breslau).

Bei der Vernissage v.l.n.r.: Joel Młynarski, Zofia Młynarska, Rafał Wróblewski (Kurator der Ausstellung und der Galerie Santa Maria), Dorota Marek (Direktorin der Stacja Kultura), weitere Gäste, Foto: Arkadiusz Lipin

“Santa Maria fördert die regionalen Künstler, steht aber allen Künstlern offen. Dank der fruchtbaren Zusammenarbeit mit dem Kulturbahnhof und der Stadt Świeradów-Zdrój ist es zu einem Ort geworden, an dem sich Künstler engagieren. Davon profitieren nicht nur sie, unsere Gäste, sondern vor allem die Kunst als solche”, erklärt Wróblewski direkt. Natürlich wächst auch der Ruf des Hotels, aber es geht darum, das gesellschaftlich Nützliche mit dem geschäftlichen Gewinn zu verbinden. Dann haben alle Initiativen nicht nur eine Chance auf Erfolg, sondern auch eine Garantie für Nachhaltigkeit.

Die Zusammenarbeit zwischen dem KRASICKI Resort Hotel & SPA, der Stadt Świeradów-Zdrój und dem Kulturbahnhof hat bereits im vergangenen Jahr reiche Früchte getragen. Es fanden Konzerte mit klassischer Musik und literarische Veranstaltungen statt. Auf Anregung des Bürgermeisters Roland Marciniak und mit Unterstützung von Katarzyna Bigus, die für die Förderung von Świeradów zuständig ist, beschlossen die Organisatoren, dieser Initiative eine organisatorische Form zu geben und einen Verein namens Uzdrowisko Sztuk (Kunstkurort) zu gründen. Die Bestrebungen der Organisation sind einfach – die Förderung von Kunst und Kultur durch Bildung und den Schutz sowie Vermittlung des multikulturellen Erbes am Treffpunkt der deutschen, tschechischen, polnischen, schlesischen und oberlausitzischen Einflüsse.

* Iserbaidschan ist ein von Grzegorz Żak (Buchautor, Musiker) erfundenes Kunstwort als Bezeichnung für die Iserregion. Sie ist nicht so sehr durch ihre Grenzen als vielmehr durch Kultur sowie hier lebende Menschen und Aktivitäten definiert. Es ist ein offensichtliches Wortspiel in Anspielung auf Aserbaidschan. Mehr dazu hier.

Textvorlage: Arkadiusz Lipin
Redaktion und Übersetzung: Agnieszka Bormann