Am 27. April 2025 wird der Welttag der Partnerstädte gefeiert
Dr. Alan Weiss stellte in Wiesbaden seine Initiative „Breslau schaut aus der Erde hervor”.
Seit 1987 sind Wiesbaden und Wrocław Partnerstädte. Der Deutsch-Polnischer Verein Wiesbaden – Wrocław e.V. belebt diese Partnerschaft insbesondere in den letzten Jahren mit vielen Projekten und Veranstaltungen. So fand am 22. März 2025 im Presseclub in Wiesbaden ein Informationstreffen statt, bei dem u.a. eine bürgerliche Initiative aus der Partnerstadt Breslau vorgestellt wurde. Auf Einladung des Deutsch-Polnischen Vereines Wiesbaden – Wrocław e.V. hat Dr. Alan Weiss sein Projekt „Spod ziemi patrzy Breslau“ (Breslau schaut aus der Erde hervor) präsentiert, das er vor vier Jahren begonnen hat und immer noch ehrenamtlich fortführt.


Alles begann mit seinen Hunden, die regelmäßig ausgeführt werden müssen. Weil Alan Weiss im Süden von Breslau wohnt, wählte er immer für seine vierbeinigen Freunde die dortigen Parkanlagen. Mit der Zeit merkte er, dass an einigen Stellen die Bäume und die Wege nicht so ganz typisch für einen Park aussehen… Er fand auch ab und zu einige eiserne Elemente, die fest an den Bäumen zugewachsen waren, einige Granitteile und Bruchteile von Grabsteinplatten, die besonders nach dem Regen sichtbar wurden.


Nach der schnellen Recherche stellte sich heraus, dass sich im Süden der Stadt drei evangelische und ein römisch-katholischer Friedhof befanden, die in den 1970er Jahren abgeschafft wurden (damals wurden 44 von 71 Breslauer Friedhöfen zerstört oder in polnische Friedhöfe umgewandelt). Und so hat Alan Weiss angefangen zu diesem Thema zu recherchieren. Als er kleine Fragmente von Grabsteinplatten fand, versuchte er zu entziffern, wer die Leute waren, die damals in Breslau lebten. Sehr hilfreich waren hier die Adressbücher – wenn man den Namen und den Vornamen kennt, kann man die Adresse und den Beruf der Person finden. Das ist ein guter Anfang für die weiteren Recherchen. Eine interessante Quelle bilden auch die Todesanzeigen in der „Schlesischen Zeitung“, Geburts- und Todesurkunden oder Steuerbücher.

Die von ihm ins Leben gerufene Initiative „Spod ziemi patrzy Breslau“ (Breslau schaut aus der Erde hervor) bemüht sich, den ehemaligen Einwohnern der Stadt wieder ihre Würde zurückzugeben und die gefundenen Grabsteinplatten oder ihre Bruchteile an einen speziellen Ort zu bringen und in Form eines Lapidariums auszustellen.
„Eine besondere Freude bereiten uns Momente, in denen wir Fotos finden und unseren Vorkriegsnachbarn in die Augen schauen können“ – sagt Alan Weiss. „Wir versuchen immer die Familienangehörigen zu finden und sie über den Fund zu benachrichtigen. Und manchmal haben wir Glück: der Kontakt wird aufgenommen und plötzlich bekommen wir neue Dokumente oder Fotos von der Familie. Bei der Kontaktherstellung helfen uns Freunde aus Deutschland – es geht darum, dass die Angefragten Vertrauen zu unserer Initiative bekommen“.

Die Gruppe arbeitet zur Zeit ehrenamtlich und ist nicht formell organisiert – es ist weder ein Verein noch eine Stiftung. Die Initiative bemüht sich, ihre Tätigkeit zu popularisieren (durch verschieden Workshops, Vorträge, Führungen usw.). Jeder ist eingeladen, sich zu engagieren und mitzumachen: beim Entziffern der Dokumente oder bei der körperlichen Arbeit. Einige Grabsteinplatten müssen ausgegraben, geputzt und aufgestellt werden. Eine Grabsteinplatte wiegt zwischen 300 und 500 kg. Für einige Arbeiten muss deswegen spezieller Transport organisiert werden.
Vor kurzem engagierte sich das Team um Alan Weiss für die Arbeiten bei dem Friedhof in Krietern (Krzyki) – einem Teil von Breslau, wo über 50 Grabsteinplatten aus einem Schutthaufen ausgegraben wurden. Hier musste ein richtiger Bagger eingesetzt werden. Die Aktion gelang dank der Zusammenarbeit mit der Stiftung Urban Memory.


Bei vielen Aktionen nehmen interessierte Breslauer teil. Die Initiative wird auch von den Profis unterstützt, die ehrenamtlich in ihrer Freizeit helfen, z. B. der Steinmetzmeister Dariusz Dembiński oder Denkmalschutzrestaurator Jędrzej Wróblewski, der während der Workshops gezeigt hat, wie man Goldplättchen auf Inschriften aufbringt. Den Kopf der Initiative bildet Dr. Alan Weiss selbst, der versucht, immer neue Dokumente zu finden, um die Lebensläufe der ehemaligen Breslauer zu rekonstruieren. Er hilft auch den Familienangehörigen, die Spuren ihrer Vorfahren in Breslau zu finden, z. B. Orte, wo die Personen begraben waren. Er sagt scherzhaft, dass er die Vorkriegsnachbarn besser als die heutigen Nachbarn kennt.


Der Vortrag im Presseclub in Wiesbaden weckte ein großes Interesse, nicht nur unter den ehemaligen Breslauern, die in Wiesbaden leben. Der Deutsch-Polnischer Verein Wiesbaden – Wrocław e.V. versucht, die beiden Partnerstädte durch solche Veranstaltungen zu verbinden. Man kann davon ausgehen, dass die Initiative „Breslau schaut aus der Erde hervor“ auch zu der Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen beitragen wird.
Wenn Sie helfen wollen, können Sie die Initiative unterstützen https://buycoffee.to/spodziemi
Mit einer Frage können Sie sich direkt an Alan Weiss melden (Polnisch und Englisch): https://spodziemipatrzybreslau.pl/kontakt/
Text: Małgorzata Urlich-Kornacka
Bilder: Alan Weiss, Adam Marecik, Krzysztof Kidula